Shelley Jackson, creator of the great hypertext work Patchwork Girl, is publishing a new text, "Skin", entirely on human skin, via tattooes.
From this time on, participants will be known as "words". They are not understood as carriers or agents of the texts they bear, but as its embodiments. As a result, injuries to the printed texts, such as dermabrasion, laser surgery, tattoo cover work or the loss of body parts, will not be considered to alter the work. Only the death of words effaces them from the text. As words die the story will change; when the last word dies the story will also have died. The author will make every effort to attend the funerals of her words.
Reminiscent of the old book-bound-in-human-skin meme. And Jeter's semiotic sentient nomad tattooes.
(thanks to Amanda!)
Neat concept, though I wonder about breaking it down word by word. It allows more people to participate, but for this kind of meme, wouldn't sentence fragments or phrases be more appropriate?
Posted by: mythago | May 15, 2004 at 17:55
Another instance of the "books bound in human skin" meme can be found in Maurice Sandoz's non-fiction story collection Fantastic Memories, where he describes a book consisting of leaves of tattooed human skin, owned by his father, a doctor and collector of medical oddities, and perused by Maurice and his siblings until forbidden to further examine the book by the father. According to the story, the children were unaware of the book's actual nature until they finally discerned an intact human nipple within one of the pages/illustrations.
Posted by: Len | May 18, 2004 at 15:24
Bryan, I'm pretty sure I met you at MLA 1996 in D.C. at a U of Maryland party (I was a grad student there). Anyway, I'm a word in Jackson's project: http://ghw.wordherders.net/archives/002073.html
Posted by: George Williams | June 19, 2004 at 00:19
Nicht nur Papier, auch Haut ist geduldig. Davon ist die amerikanische Schriftstellerin Shelley Jackson überzeugt. Sie plant nämlich, die 2093 Wörter ihrer Erzählung "Skin" nicht auf Papier, sondern auf der Haut von 2093 Personen zu veröffentlichen. Seit das Magazin "Newsweek" über das Projekt berichtete, kann Jackson sich der Teilnahmewilligen kaum mehr erwehren. Wer ausgesucht wird, kriegt ein Wort zugeteilt, das er sich auf irgendeinen Körperteil tätowieren lässt. Und zwar in schwarzer Tinte und einem klassischen Schrifttyp, wie er im Buchdruck verwendet wird. Wem das Wort nicht zusagt, kann aussteigen, erhält dann aber keine neues. Es ist in der Tat nicht jedermanns Sache, ein Wort wie "gebraucht" oder "tot" zeitlebens auf Arm, Brust oder Rücken mit sich rumzutragen.
Die "Publikation" ist angelaufen, die Schriftstellerin hat die ersten Fotos der Tätowierten erhalten. Ein Foto zeigt einen grinsenden Mann, auf seiner Brust steht in riesigen Lettern "Land" zu lesen. Ein anderer trägt sein Wort sehr diskret: auf der Innenseite der Lippe. Eine Frau schickt das Bild ihres Oberschenkels, versehen mit dem Wort "schwellend". Auf einem Unterarm liest man "Schürfungen.", samt Punkt, was auf ein Satzende hindeutet. Um nicht allein zu sein oder um etwas Kontext zu erraten, haben einige Freiwillige sich zusammengetan, um einen ganzen Satz zu bilden.
Die Wörter von Jacksons Erzählung sind über den ganzen Globus verstreut. Wollte man sie zwecks kontinuierlicher Lektüre versammeln, so ergäbe dies zweifellos die teuerste Edition aller Zeiten. Doch fürs Publikum ist Jacksons Geschichte ohnehin nicht bestimmt. Die Veröffentlichung bleibt auf das eine lebende Exemplar beschränkt, und die Lektüre will Jackson nur den Teilnehmern erlauben. Sobald die 2093 Fotos beisammen sind, wird die komplette Erzählung den Tatoo-Trägern zugeschickt. Sie und nur sie sollen sie lesen können.
Um Literatur oder gar um literarische Qualität geht es bei diesem Unternehmen natürlich nicht. Jacksons unüblicher Veröffentlichungsmodus entspringt vielmehr der Konzeptkunst und dem Exhibitionismus. Bei ihrem Unternehmen fallen zwei Dinge auf: Originalität und Cleverness. Beides ist dem kumulierten kreativen Potential einer Werbeagentur durchaus würdig und kann mit einem Buchtitel von Norman Mailer auf den Punkt gebracht werden: "Reklame für mich selbst". Denn wer hätte sonst je von einer Kurzgeschichtenautorin namens Shelley Jackson aus Brooklyn gehört?
Während gedruckte Literatur, Bibliotheken sei Dank, über Jahrhunderte erhalten bleibt, ist Jacksons Erzählung geradezu auf Vergänglichkeit angelegt. In dem Tempo nämlich, wie die Tatoo-Träger sterben, verschwindet der Text, Wort für Wort. Zwischen Jackson und einigen ihren "Wörtern" ist im Lauf des Projekts eine Beziehung entstanden, die über das Geschäftsmässige hinaus geht. Die Leute schreiben ihr, sie schreibt zurück. Eine 2093 Wörter umfassende Erzählung findet leicht auf sechs oder sieben Buchseiten Platz. 2093 Menschen kennen zu wollen, wäre hingegen eine herkulische Aufgabe. Das hat Jackson nicht davon abgehalten, all ihren Wörterträgern zu versichern, an deren Beerdigung teilzunehmen. Vorausgesetzt, sie sterben vor ihr. Denn mit ihren 40 Jahren muss Shelley Jackson damit rechnen, dass eine beträchtliche Zahl von Substantiven, Adjektiven, Verben und Adverben sie überleben wird.
Posted by: Georg Sütterlin | August 06, 2004 at 08:41